«Ich spiele schon fast mein ganzes Leben lang Fussball, früher sogar in der 3. Liga. Später war ich auch Juni orentrainer und für die Elite der CJunioren zuständig. Auch eine Schiedsrichterprüfung habe ich gemacht. Die letzten zehn Jahre aber hatte ich mit dem Sport kaum mehr zu tun. In den Strassenfussball bin ich so reingerutscht, ein Bekannter von mir ist dabei, so habe ich davon erfahren. Ich landete bei den Dragons, das ist die Basler Mannschaft, bei der mein Kumpel spielt. Ich spielte gleich zu Beginn einige Turniere mit. In drei Tagen holten wir drei Pokale, da sagte ich: Man muss auf dem Höhepunkt gehen, ich reiche meinen Rücktritt ein! Das war natürlich nur Spass.
Fussball auf dem grossen Feld in der 11er-Mannschaft mag ich zwar nicht mehr spielen, das geht zu sehr auf die Knochen, und ich bin jetzt ja doch schon etwas älter. Beim Strassenfussball aber hat man so gut wie keinen Körperkontakt, das läuft viel fairer und sanfter ab als im regulären Fussball. Und seit ich für die Nationalmannschaft und den Homeless Word Cup (HWC) in Wales nominiert bin, ist die Motivation umso grösser. Ich arbeite jetzt wirklich auf diese WM hin. Wir sind eine gute Truppe, und es macht mir Freude und Spass.
Im Moment kämpfe ich aber auch mit meiner Depression. Ich habe sechs Wochen Klinik hinter mir, jetzt suche ich einen Therapieplatz. Das ist nicht ganz einfach. Den Platz, den ich hätte haben können, will ich nicht. Ich war dort bereits einmal und habe schlechte Erfahrungen gemacht. Mein Leben war schon früh kompliziert. Ich bin ein Scheidungskind. Irgendwann heiratete meine Mutter einen neuen Mann. Dieser trank viel, und es kam immer wieder zu psychischer und physischer Gewalt gegen mich. Was damals passiert ist, belastet mich bis heute. Mit Kritik zum Beispiel habe ich unglaublich Mühe.
Beruflich habe ich vieles gemacht. Die Lehre als Kunststoffapparatebauer – so etwas wie ein Schreiner für Kunststoffe – brach ich ab. Mein Lehrmeister hatte mich fast die ganze Zeit als billige Arbeitskraft auf der Baustelle eingesetzt. So war ich für die Abschlussprüfung nicht gut genug vorbereitet. Ausserdem war ich Legastheniker und mit der Schule sowieso eher überfordert. Ein verpatzter Lehrabschluss wäre nur eine Enttäuschung mehr in meinem Leben gewesen, weshalb ich die Lehre abbrach. Ich arbeitete viel temporär und sporadisch, dazwischen bezog ich immer wieder Sozialhilfe. Zuletzt war ich SecurityMitarbeiter beim FC Basel, ich kümmerte mich um die Sicherheit der Mannschaft und war bei allen Heim und Auswärtsspielen dabei. Daneben arbeitete ich auf dem Messebau, als Türsteher und bei einem Kollegen, der eine Firma für Brand und Wasserschadensanierung hat. Diesen letzten Job habe ich als einzigen behalten, alles andere wurde mir zu viel. Es sind immerhin ein paar Tage Arbeit im Monat, ich habe meine Baustelle und dort meinen Frieden. Ich merke halt schon, dass ich derzeit nicht voll belastbar bin. Ich hoffe, dass ich nach der WM wieder mehr arbeiten kann. Ich bin zuversichtlich. Meine Wohnsituation ist geklärt, ich fühle mich wohl in meiner kleinen Zweizimmerwohnung am Rand von Basel, und meinen beiden Katzen geht es dort auch gut.
Beim Fussball kann ich abschalten. Habe ich Freude am Spiel, ist die Welt in Ordnung. Ich habe schon bestimmte Vorstellungen von der Disziplin in der Mannschaft. Mit so einer wilden Truppe etwas zu erreichen, ist nicht einfach. Aber solange ich das Gefühl habe, dass man etwas reissen kann, bin ich mit 200 Prozent dabei. Am HWC werden wir tun, was wir können. Mein Motto: Dabeisein ist gut und recht – aber wenn man dabei ist, muss man auch mitlaufen und alles geben.»
Spielplan und weitere Infos: www.homelessworldcup.org
Live-Übertragung: www.youtube.com/user/HomelessWorldCup