«Ist das gut so?», fragt mein Mitbewohner und zeigt mit einem Schwamm in der Hand in den ausgeräumten Kühlschrank. Ich frage mich, warum es dafür meines Urteils bedarf und verstehe im nächsten Moment: Er verfügt über kein Urteilsvermögen über die Sauberkeit eines Kühlschranks. Der stinkt nämlich immer noch (irgendjemand hat irgendetwas darin ausgeleert), an der Wand klebt eine eingefrorene Fliege neben einem Eisblock, die Rillen für die Ablagen bergen immer noch Schmutz. Ich frage mich, was er gemacht hat, während ich den Berg Geschirr weggespült habe, den er ursprünglich selbst hatte spülen wollen. Ich sage, der Kühlschrank stinke noch, er schrubbt noch einmal halbherzig nach, bis ihm etwas einfällt und er aus der Küche huscht.
Der zweite Mitbewohner kommt herein und erzählt aufgeregt, er wolle jetzt ausprobieren, den Kalk am Duschboden mit Cola zu putzen. Im nächsten Moment finde ich mich in einer Diskussion darüber wieder, in welcher Reihenfolge WC, Dusche und Backofen mit dem gleichen Schwamm wohl am besten geputzt werden. Bevor ich fragen kann, warum wir den gleichen Schwamm benutzen müssen, kann ich gerade noch verhindern, dass der Vorschlag Dusche – WC – Backofen mit ZweidrittelMehrheit durchkommt. Eine Stunde später kommt Mitbewohner Zwei enttäuscht in die Küche und sagt, das mit der Cola habe nicht funktioniert. Ob er denn die Fliesen geputzt habe, frage ich ihn, das sei am wichtigsten wegen des Schimmels. Er verneint. Das WC hat er auch nicht saubergemacht, ich bin fast froh darüber. Ich frage Mitbewohner Eins, ob er einen Wischmopp kaufen könne, er willigt ein, er müsse ohnehin noch etwas erledigen. Mitbewohner Drei, der übrigens hervorragend putzen kann, kommt heim – er konnte sich nicht am Putztag beteiligen, weil er arbeiten musste – und findet glücklicherweise auch, dass das mit der Reihenfolge für den Schwamm keine Meinungssache sei, sondern eine Frage der Hygiene. Mitbewohner Eins kommt ebenfalls heim und hat den Wischmopp vergessen.
Ich habe mal wieder gelernt: Gleichstellung ist Krieg. Doch auch wenn ich die erste Runde durch diesen Überraschungsangriff männlicher Hilflosigkeit verloren hatte, die zweite habe ich in der folgenden Woche auf einer Grillparty bei uns zuhause eindeutig gewonnen: Jeder, der in dieser Welt aufgewachsen ist, weiss: Grillieren ist Männersache. Nicht jedoch in unserem Haushalt! Mitbewohner Eins will Feuer machen? Nix da, er darf mir die Grillzange spülen! Ein Steak auf den Grill legen ohne meine Aufsicht und strikt zu befolgende WendeIntuition? Nein! Ich habe ihn nicht einmal die Glut ohne Korrektur befächern lassen! Als einer der Männer es tatsächlich schafft, etwas anbrennen zu lassen, während ich kurz drinnen bin (obwohl ich erklärt habe, wie das läuft mit dem Feuer und der Hitze), spanne ich den Bizeps an und schiebe ihn zur Seite, während ich überlege, ob ich mir dabei noch in den Schritt langen oder auf die Brüste trommeln soll. Ja, vielleicht ist das primitiv. So wie Männer, die sich erlauben können, mit Mitte 20 keine Ahnung vom Haushalt zu haben. Du machst mich zur Frau beim Putzen? Hah! Ich nehm’ dir die Männlichkeit beim Grillieren. Auge um Auge, Zahn um Zahn!