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Moumouni...
... ist eine Frau am Sein

Ich wurde nicht geboren.

Schon gar nicht nackt, ihr perversen Spanner! Ich fand mich selbst auf einem Stein,

atméte aus, atméte ein,

Lernte «ja» und lernte «nein»

Und stieg hinab, um ich zu sein.

Es gibt tatsächlich noch Leute, die finden, Feminismus sei unnötig und die thematisierten Probleme eine Erfindung. Das habe ich zumindest in den letzten Wochen in Kommentarspalten im Internet unter Beiträgen zu Trump, Weltfrauentag, «rape culture», Janusz KorwinMikke und political correctness gelesen. Deshalb hier meine eigene Geschichte, wie ich dazu kam, Feminismus wichtig zu finden. Diese Geschichte fängt für mich noch lange vor demütigenden und sexistischen Sprüchen und ungewollten Berührungen von männlichen Mitmenschen an. Noch bevor es Frauen in meinem Umfeld gab, die vergewaltigt worden sind, und noch bevor ich mich selbst noch so manches Mal unwohl gefühlt habe als Frau in dunklen Gassen, auf Volksfesten oder auch nur in vollen Zügen.

Sie fängt bei mir damit an, dass ich schon als Kind Probleme damit hatte, Frau oder sagen wir, Mädchen zu sein. Nicht weil ich etwa das Gefühl hatte, im falschen Körper geboren worden zu sein – nein, eher weil ich nichts anfangen konnte mit dem, was Mädchen in meinem Umfeld als Mädchensein definierten: Nägel lackieren, Pferde striegeln, Angst vor Cellulite und ein gespaltenes Verhältnis zu Schokolade haben, sich auf die Suche nach einem Mann machen, der Glühbirnen schrauben und Klimmzüge machen kann, und so weiter. Ich hatte keine «Jungs sind doof»-Phase, eher eine «Mädchen sind doof»-Phase, weil ich das Getue der Mädchen um mich herum blöd fand und vor allem den Druck, auch so sein zu müssen. So spielte ich hauptsächlich mit Jungs und durfte die Ninja Turtles und Power Rangers cool finden, während die Mädchen nach und nach zu grazilen Einhörnern wurden. Jungs wurden erst nervig, als es zum Problem wurde, wenn man Dinge besser beherrschte als sie selbst. Es gab mal einen riesen Eklat in meiner Grundschule, als ich den besten Fussballspieler der Schule getunnelt und besiegt hatte. (Heute erlebe ich derlei Ausschreitungen nur noch selten, zum Beispiel, wenn ich jemandes Männerehre verletze, weil ich beim Grillieren besser weiss, wie man ohne Spiritus Feuer macht.) Irgendwann wurde die Schere immer grösser zwischen dem, was meine männlichen Kollegen konnten oder können sollten, und dem, was meine weiblichen Kolleginnen einfach nicht lernten: eine Flasche ohne Flaschenöffner öffnen, Joints drehen, Fahrräder flicken, einen Akkubohrer bedienen, ein Feuer machen, die Meinung sagen. Und ja, einige Frauen können all das. Aber die, die das nicht können, stechen dadurch nicht heraus. Ich bin wirklich froh, dass Schuhe binden keinem Gender zugeordnet ist, sonst könnten einige von uns vielleicht noch nicht einmal vor die Tür, ohne ihren Kumpel oder Nachbarn um Hilfe zu fragen oder sich dafür einen Freund zuzulegen. Man könnte meinen, das seien jeweils individuelle Probleme. Ich bin der Meinung, dass es ein gesellschaftliches Problem ist, dass wir Frauen immer noch zu infantilen Schönheiten heranziehen. Mädchenhaft (und wir wissen eben alle noch, was gemeint ist, wenn «mädchenhaft» gesagt wird: unsicher, naiv, mit wenig Determination, schwach, vielleicht noch grazil). Durch Rollenideale, Objektifizierung, Schubladisierung. In Frauenzeitschriften, «locker room talks», in der Werbung, in Büchern, in der Uni, am Arbeitsplatz, in Beziehungen. Es gibt viele Gründe, Feminist_In zu sein. Beispielsweise diese Definition von Feminismus von bell hooks: «eine Bewegung, die Sexismus, sexistische Ausbeutung und Unterdrückung beenden soll». Ich wollte einfach damals schon nicht mit Einhörnern abhängen. Geschweige denn eines werden, um dem anderen Geschlecht zu gefallen. Ich will Frau sein, ohne dass das ein Nachteil für mich ist. In Fachdiskussionen, nachts alleine auf der Strasse, bei der Arbeit, in Beziehungen.

Fatima Moumouni hat keinen «Pussy Hat», weil sie Stricken doof findet. Stattdessen hat sie einen Molotov-Cocktail in der Hand und ruft «Brennt das Patriarchat nieder!»

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