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Moumouni
... talkt nicht mit

Letztens wurde ich von der «Arena» an­ gefragt, zum Thema Rassismus mit­zudiskutieren. Ich habe abgesagt. Ob­wohl mir Geld (Fahrtkosten) und Ruhm geboten wurden! Diese Gründe waren mir jedoch zu profan, als dass ich mich für sie in die Schlacht begeben hätte. Viel mehr gab es nämlich nicht zu holen. Über Rassismus wäre wahrscheinlich gar nicht geredet worden: Im Vorgespräch wurde ich gefragt, was ich von Eltern halte, die nicht wollen, dass ihre Kinder am Schwimmunterricht teilnehmen. Das klang eher nach einer weiteren Islam­diskussion.

Ich war auch unzufrieden mit der Aus­wahl der Gäste. Als ich bemängelte, dass ich nicht mit drei weissen Partei­politikerInnen, darunter wohl Alfred Heer von der SVP, vor einem ebenfalls mehrheitlich weissen Publikum über Rassismus diskutieren möchte, wurde mir vorgeworfen, ich wolle die Sendung zu meinen Gunsten korrumpieren.
Jonas Projer, der Moderator der Sendung, rief mich an und betonte, er würde seine Gäste nicht nach Hautfarbe aus­ suchen. Seltsam, dass trotzdem alle anderen Gäste weiss gewesen wären. Denn das ist ja bereits ein Problem: Wenn es um Rassismus geht, sollten nicht mehrheitlich Leute darüber diskutieren, die dem gar nicht ausgesetzt sind. 

Vielleicht dachte die Sendungsregie ja auch viel ökonomischer: Fatima Moumouni, muslimisch und schwarz – zwei in einem. Wozu noch eine weitere Person einladen, die von rassistischer Diskriminierung betroffen oder Expertin ist? Moumouni kann ja einfach für alle sprechen, während die anderen drei ih­ren Senf dazu geben. Was für ein lausiges Angebot für eine Rassismusdiskussion. 

Immerhin leuchtete ihnen schliesslich mein Argument ein, dass man für eine Sendung über Genderdiskriminierung ja auch nicht drei Männer und eine Frau einladen würde. Also bot man mir einen Kompromiss an: eine schwarze Person oder eine vom Bund anerkannte Expertin zum Thema, die von der Loge aus Inputs in die Diskussion geben darf. Ich hatte insgesamt zweieinhalb Stunden Bedenk­zeit für eine Zusage bekommen, der Kompromissvorschlag kam nach meiner Absage. Zu dem Zeitpunkt war ich mir schon ziemlich sicher, dass die «Arena» keine fruchtvolle Diskussion hervor­ bringt. Auch wenn Projer ständig meinen Verweis auf den Namen der Sendung herunterspielte. Es ginge nicht um eine arenaartige Konfrontation, er würde mich beschützen! Ich möchte mich aber nicht in Situationen begeben, in denen ich von Jonas Projer beschützt werden muss, und vor allem: Rassismus ist kein Pro­-und-­Contra­-Thema. 

Natürlich habe ich kurz darüber nachge­dacht, ob ich in die Sendung gehen muss, ob der Kampf gegen Rassismus in der Schweiz in meinen Händen liegt, so als Klotz, den ich in der Arena stemmen muss. Es sei schade, wenn ich nicht mit­mache, sagte Projer, der mir mehrmals versicherte, wie sehr das Thema ihm am Herzen liege. Ich solle «Gesicht zeigen», das sei wichtig für den Diskurs. Gottsei­dank ist niemand auf Projers Meinung darüber angewiesen, was der Diskurs so alles braucht, und gut, gibt es auch an­genehmere Plattformen für Diskussionen über Rassismus mit all den Stimmen, die in der Arena wohl nie die Chance be­kommen werden, «Gesicht zu zeigen». Sonst ginge es dem konstruktiven Rassis­musdiskurs wohl ziemlich schlecht.

 

Erschienen in Surprise 428/18