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Soziale Stadtrundgänge

Voller Einsatz

Durch den Elan der Verantwortlichen und der Programmteilnehmer*innen laufen unter unserem Projekt Soziale Stadtrundgänge jeweils unzählige Aktivitäten. So auch 2023: Der Start eines neuen Rundgangs und die Weiterentwicklung der bestehenden Touren, zahllose Kooperationen mit Organisationen und Personen aus Politik, Bildung und Kultur, eine grosse Präsenz in den Medien und auch einige organisatorische Herausforderungen standen an. Somit war es wie immer ein sehr intensives, aber auch erfolgreiches Jahr.

Neues von der Strasse

Der Kern des Projekts sind weiterhin unsere Sozialen Stadtrundgänge, bei denen es auch 2023 viel Veränderung gab. Die traurigste davon war, dass im Spätsommer Ruedi Kälin verstarb – er war zwar zuletzt nicht mehr als Stadtführer aktiv, hatte das Projekt aber massgeblich mitaufgebaut und ging nach wie vor in unserer Regionalstelle Zürich ein und aus. Trotz einer würdevollen Abschiedszeremonie hinterlässt der Tod des Surprise-Urgesteins eine äusserst schmerzhafte Lücke im Team.

Probetour vor dem offiziellen Start von Georges Meier

Auf der anderen Seite war eines der Highlights des Jahres der erfolgreiche Start unseres neuen Zürcher Stadtführers Georges Meier, der seit Juni auf seiner Tour «Ins Abseits» einen ehrlichen und intimen Einblick in seine schleichende Alkoholsucht, Mobbing, Einsamkeit und sein persönliches Scheitern in der Leistungsgesellschaft gibt. Ausserdem haben wir intensiv mit Nicolas Gabriel (ebenfalls in Zürich) und Lucy Oyubo (in Basel) zusammengearbeitet, um ihre Tourenstarts 2024 vorzubereiten – zu den Themen psychische Gesundheit und Obdachlosigkeit respektive Migration und Armut.

Aus- und Weiterbildung

Zum Jahresende konnten wir noch zwei Verträge mit Stadtführungskandidat*innen in Zürich unterzeichnen, welche 2024 ihre Ausbildung beginnen. Diese umfasst eine intensive Aufarbeitung der Biografie und entsprechende Bewusstseinsbildung sowie die Recherche und Kontextualisierung der relevanten Themen auf gesellschaftlicher Ebene. Die Kandidat*innen werden dabei eng von unseren Projektleiterinnen begleitet, und der Prozess ist mit dem Start einer Tour keinesfalls abgeschlossen: Auch unsere aktiven Stadtführer*innen entwickelten im letzten Jahr ihre Rundgänge laufend weiter, nahmen individuelle Anpassungen der Inhalte vor und setzten Schwerpunkte zu aktuellen Themen und Herausforderungen.

Unsere Stadtführer*innen besuchten im letzten Jahr die Jugendnotschlafstelle Pluto in Bern für einen Austausch mit den Verantwortlichen und gemeinsam mit Studierenden die Zentrale der Caritas-Lebensmittelmärkte in Sempach. Sie diskutierten mit Eliane Belser, der Leiterin der sozialen Nothilfe der Stadt Lausanne, über die aktuelle Situation der obdachlosen Personen und die Entwicklung des ersten Housing First-Projekts, und unsere Projektleiterinnen organisierten gemeinsam mit der Expertin Agota Lavoyer einen Workshop für unsere Stadtführer*innen zum Thema Sexualisierte Gewalt – 2023 stand also auch ganz im Zeichen der gemeinsamen Weiterbildungen.

Von unseren Stadtführer*innen in Zürich haben wir im letzten Jahr neue Bilder machen lassen.

Breit und tief vernetzt

Für die Sozialen Stadtrundgänge tauschen sich die Stadtführer*innen und die Projektleiterinnen intensiv mit den verschiedensten Stellen aus. Für die Führungen arbeiten wir jeweils eng mit Anlaufstellen für Betroffene zusammen, beispielsweise durch die Tour von Georges Meier neu unter anderem mit dem Sogar Theater und dem Verein Incontro mit dem Projekt «Mensa uf de Gass».

 

 

Aber auch über die Rundgänge hinaus ist das Projekt extrem gut vernetzt. Wie schon in den Vorjahren arbeiteten wir 2023 mit gleich drei Hochschulen zusammen (BFH, FHNW und ZHAW). Wir brachten unser Expert*innenwissen und die Betroffenenperspektive mit gemeinsamen Veranstaltungen und Vorträgen in verschiedensten Modulen ein, nahmen an der internationalen Fachtagung «Soziale Innovation» der FHNW in Olten teil und waren an der ZHAW intensiv in die Projekt- und Angebotsentwicklung in der Sozialen Arbeit involviert.

Lilian Senn (oben links) kommt in "Deutschland ohne Dach" als eine von 18 Menschen, die Obdachlosigkeit selbst erfahren haben, ausführlich zu Wort.

Und dann waren da noch Anfragen aus der Politik zur Teilnahme an verschiedenen Fachtagungen, ein grosser Auftritt am feministischen Streik in Bern, ein wichtiger Beitrag zum Sachbuch «Deutschland ohne Dach» des renommierten ehemaligen Obdachlosen und Experten Richard Brox, eine Theater-Koproduktion mit dem Sogar Theater sowie weitere Kooperationen mit Kultureinrichtungen und rund 20 teils ausführliche Beiträge in renommierten Medien – die Liste ist schlicht zu lang, um alle Kooperationen und externen Engagements 2023 aufzuführen, aber wir sind stolz auf unsere Arbeit und dankbar dafür, dass wir uns an so vielen Orten einbringen durften.

Hochs und Tiefs des Tagesgeschäfts

Neben diesen ausserordentlichen Aktivitäten gab es im letzten Jahr auch im Tagesgeschäft besondere Herausforderungen und Highlights. So war der Umzug unseres Berner Regionalbüros mit viel Aufwand verbunden, aber wir haben dort nun ein wunderbares neues Zuhause gefunden (mehr dazu hier). Zudem fiel in Zürich ein sehr engagierter Tourenleiter krankheitsbedingt für mehrere Monate aus. Und auch an den anderen Standorten mussten immer wieder aussergewöhnliche Situationen und kurzfristige Planänderungen gehandhabt werden. Mit beherztem administrativem und sozialarbeiterischem Einsatz ist es uns gelungen, das Angebot trotzdem gut aufrechtzuerhalten – so konnten wir letztes Jahr erneut knapp 1000 Touren mit über 15’000 Besucher*innen durchführen.

Und schliesslich war ein ganz besonderer Höhepunkt, dass unsere Sozialen Stadtrundgänge letztes Jahr ihr 10-jähriges Jubiläum feiern durften. Dafür veranstalteten wir eine Feier mit den Stadtführer*innen, Projektleiter*innen und Gästen, publizierten einen Sonderbeitrag im Strassenmagazin und drehten sogar einen Jubiläumsfilm. Die Erfahrungen und den Schwung aus den zehn erfolgreichen Jahren nehmen wir auch ins Jahr 2024 mit, um weiterhin gesellschaftliche Aufklärungsarbeit zu leisten und uns aktiv für eine Verbesserung der Situation von armutsbetroffenen und sozial ausgegrenzten Menschen in der Schweiz einzusetzen.

 

 

Surprise macht Schule

Dieses 2022 gestartete Projekt, bei dem Tourguides Schulklassen in halbtägigen Workshops an die Themen Armut, Obdachlosigkeit und Ausgrenzung heranführen, konnten wir im letzten Jahr deutlich ausbauen. Einerseits quantitativ, indem wir das bestehende Angebot häufiger und an vielen neuen Orten durchführen konnten – unter anderem erstmalig mit dem Stadtführer Roger Meier, der gemeinsam mit dem Generationenhaus Bern zwei erfolgreiche Veranstaltungen für Schüler*innen durchgeführt und das Angebot somit in Bern etabliert hat. Aber auch qualitativ, da die bestehenden Workshopleiter*innen Heiko Schmitz, Lilian Senn und Hans Peter Meier weitere Erfahrung mit dem Format sammeln und dadurch grosse Sicherheit im pädagogischen und didaktischen Bereich erlangen konnten. Insgesamt erreichten wir 2023 692 Schüler*innen im Alter zwischen 13 und 19 Jahren – fast dreimal so viele wie im Vorjahr.

Zahlen und Fakten

  • Ihr zehnjähriges Jubiläum feierten die Sozialen Stadtrundgänge 2023.
  • 1001 Soziale Stadtrundgänge und Schulworkshops haben wir für 15’082 Teilnehmer*innen durchgeführt.
  • Vier neue Stadtführer*innen sind aktuell in Ausbildung – bleiben Sie gespannt auf neue Touren!