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Strassenmagazin

Ein Heft, auf das wir stolz sind

Auch 2023 hat die Surprise-Redaktion wieder 25 hervorragende Ausgaben des Strassenmagazins herausgebracht. Trotz teilweise erschwerten Umständen durch krankheitsbedingte Personalengpässe konnten wir thematische Schwerpunkte mit aufwendigen Recherchen bearbeiten, beispielsweise zu den Themen Gleichberechtigung, Migration, Gewalt an Frauen oder Digitalisierung. Ausserdem konnten wir unsere internen Abläufe verbessern und haben uns getraut, zum ersten Mal in der Geschichte von Surprise zwei Hefte im Querformat zu publizieren.

Themen, Themen, Themen

Unsere Redaktion investiert viel Energie, um kritisch und unabhängig über Gesellschaft, Politik, Wirtschaft und Kultur zu berichten. Im vergangenen Jahr konnten wir aussergewöhnlich viele wichtige Themen bearbeiten: etwa mit unseren Sonderausgaben zum feministischen Streik und zum internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen (Hefte #551 und #563), die geschlechterspezifischen Perspektiven und insbesondere Benachteiligungen von Frauen in der Gesellschaft aufzeigten. Ungeschönte und differenzierte Eindrücke und Hintergrundberichte zu den Themen Asyl und Migration (Hefte #547, #558, #560, #562 und weitere) lieferten wir ebenso wie facettenreiche Beiträge über Stigmatisierung und Inklusion (Hefte #541, #544, #547, #553 und #559 und weitere).

Um Recherchen zu ermöglichen, für die uns selbst die Möglichkeiten fehlen, haben wir 2022 unseren Recherchefonds gegründet. Damit können wir freie Journalist*innen und Fotograf*innen mit finanziellen Beiträgen bis zu CHF 3000.– unterstützen. Im letzten Jahr kam dieser Fonds nun erstmals voll zum Einsatz und bereicherte unser Magazin mit zusätzlichen wichtigen und spannenden Beiträgen: mit einer fünfteiligen Serie zum Thema Digitalisierung und Armut (Hefte #548, #550, #552, #553 und #554) sowie Beiträgen zur Situation von schwangeren Asylsuchenden (Heft #554) und zum Arbeitszwang in Schweizer Asylzentren (Heft #562).

Fortschritt trotz Schwierigkeiten

Eine grosse Herausforderung für die Redaktion war 2023, trotz verminderter Kapazitäten durch gesundheitliche Probleme im Team die anspruchsvolle Heftproduktion aufrechtzuerhalten. Dies gelang durch den beherzten Einsatz aller Beteiligten, wobei wir manche Projekte – wie beispielsweise eine Weiterbildung in traumasensibler Berichterstattung – auf 2024 verschieben mussten. Andererseits war es sogar möglich, einige Innovationen umzusetzen. Besonders gefallen hat uns, dass wir mit den beiden Adventsausgaben zum ersten Mal in der Geschichte von Surprise zwei Hefte im Querformat produziert haben. Diese können somit an die Wand geheftet und wie ein Kalender täglich weitergeblättert werden – wofür wir viele positive Rückmeldungen sowohl von den Verkäufer*innen als auch von unseren Leser*innen erhalten haben.

Kein neues, aber immer wieder präsentes Thema ist unser Umgang mit vereinsbezogenen Neuigkeiten im Heft. Unsere Redaktion arbeitet kritisch und unabhängig – eine Auftragskommunikation, auch für interne Stellen, findet nicht statt. Trotzdem sollen wichtige und spannende Informationen aus der Organisation im Heft kommuniziert werden können. Schon länger haben wir deshalb die Möglichkeit eingeführt, Vereinsbeiträge gestalterisch klar abgesetzt im Heft zu platzieren. 2023 haben wir dieses Format nun vermehrt genutzt, beispielsweise um die Jubiläen der Sozialen Stadtrundgänge und des Strassenfussballs im Magazin vorkommen zu lassen. Dieses abgegrenzte Nebeneinander von journalistischer Arbeit und Inhalten aus dem Verein hat gut funktioniert.

Einmal jährlich treffen sich eine Vielzahl deutscher Strassenzeitungen – 2023 bei Hinz&Kunzt in Hamburg.

Verständnis ausbauen

Seit den Ursprüngen von Surprise in den frühen 1990er-Jahren haben wir viele Veränderungen durchlaufen. Eine klare Konstante ist aber unsere Forderung, dass sich die Verhältnisse für verdrängte und vergessene Menschen dringend verbessern müssen – was auch nach wie vor die Grundlage unserer journalistischen Arbeit ist. Um das zu verdeutlichen, werden wir 2024 unserem eigenen Strassenmagazin und dem internationalen Netzwerk der Strassenzeitungen INSP zu noch mehr Aufmerksamkeit verhelfen. Dies etwa durch eine Ausstellung im Berner Kornhausforum, die sich auf die internationale Welt der Strassenzeitungen konzentriert und damit auch die Bedeutung des INSP und die Rolle von Surprise innerhalb dieser globalen sozialen Bewegung zeigt. Aber auch schlicht durch eine stärkere Präsenz im öffentlichen Raum und der Medienwelt, um auf die Anliegen von armutsbetroffenen und sozial ausgegrenzten Menschen aufmerksam zu machen.

Erfolg unserer Textwerkstatt

Dieses verhältnismässig kleine Surprise-Projekt in Zürich ist an der Schnittstelle von Redaktion, sozialer Arbeit und Literatur angesiedelt und verbindet die Textarbeit mit Konzepten und Erkenntnissen aus sozialarbeiterischer Sicht. Es finden regelmässige Arbeitstreffen mit Verkäufer*innen statt, an denen wir gemeinsam an Texten und anderen Kunstformen arbeiten. Die Teilnehmer*innen nehmen damit in der Öffentlichkeit als Autor*innen eine neue Rolle ein und setzen eigene Themen. Sie melden sich zu Wort, verlassen damit die Rolle des gesellschaftlich marginalisierten Menschen und wirken einer stereotypen Wahrnehmung von Surprise-Verkäufer*innen entgegen.

Die Surprise Textwerkstatt und das sogar theater erweckten Erinnerungen zum Leben

2023 ist es uns gelungen, durch aktive Beziehungsarbeit und den Einsatz von Übersetzer*innen mehr Menschen mit Migrationshintergrund an dem Projekt teilhaben zu lassen und so auch ihre persönlichen Themen und Geschichten jenseits der Fluchtgeschichten, auf die sie in den Medien oft reduziert werden, abzuholen. Auch inhaltlich und sprachlich gab es durch die Motivation der Teilnehmer*innen, die literarische Qualität ihrer Arbeit zu verbessern, spürbare Fortschritte. Als Resultat entstanden Verkäufer*innenkolumnen für das Strassenmagazin, die Teilnehmer*innen hielten drei Lesungen am About Us!-Festival und setzten mit der Schauspielerin Rahel Hubacher eine Installation und drei szenische Lesungen im Zürcher sogar theater um. Das Potenzial der für das Surprise-Jubiläum produzierten T-Shirts wurde in der Aussenwirkung vermutlich nicht voll ausgeschöpft, die dahinterstehende Textarbeit wirkte dennoch als Empowerment nach: Die Teilnehmer*innen wurden sich der Bedeutung und Wichtigkeit ihrer eigenen Perspektive bewusst.

Für das nächste Jahr wollen wir im Projekt Textwerkstatt die Heterogenität der Teilnehmer*innen noch erhöhen und weiter an der literarischen Qualität feilen.

Zahlen und Fakten

  • Rund 100’000 Zeichen enthält eine durchschnittliche Surprise-Ausgabe. Mal 25 Ausgaben pro Jahr – ganz schön viel Text!
  • Null Toleranz bei der Unabhängigkeit: Damit unsere Redaktion journalistisch einwandfrei arbeiten kann, haben wir klare Richtlinien, ob und wie Vereinsinhalte im Magazin erscheinen.