Strassenmagazin

#569 Teuerung: Schöner Wohnen

Vor bald zwei Jahren lernte ich in Lausanne Lamya B. kennen. Sie war mit dem Zahlen der Miete mehrere Monate in Verzug und stand kurz davor, ihre Wohnung zu verlieren. Sie erzählte mir von ihrer Panik, als ihre Vermieterin ihr schrieb, sie solle kündigen, und von ihrer Angst, wenn sie an die Zukunft dachte.

Der Artikel, den ich danach schrieb, drehte sich darum, dass unter obdachlosen Menschen besonders viele keine Aufent- haltsbewilligung haben, also Sans-Papiers sind (Surprise 526/22). Nun steigen die Mieten weiter, und es gibt viel zu wenig bezahlbare Wohnungen. Wenn die Kosten für das Wohnen anwachsen, sparen die Menschen beim Essen, bei der Gesundheit oder bei Kursen für die Kinder. Sie werden zunehmend zu Working Poor – sie können von dem, was sie verdienen, nicht mehr leben. «Die Lage ist ernst», sagt Markus

Kaufmann von der Schweizerischen Konfe- renz für Sozialhilfe (SKOS). Und Aline Masé von Caritas Schweiz kündigt an, dass die steigenden Wohnkosten bald zum grössten sozialpolitischen Problem werden. «Bis in den Mittelstand hinein.»

Damals Anfang Juni 2022 war es das Ziel von Lamya B., die Wohnung mindestens bis zu den Schulferien im Juli behalten zu können, damit ihr Sohn nicht aus seiner Klasse gerissen würde. «Ich fühle mich jeden Tag schuldig, dass ich keine langfristige Lösung für ihn finden kann», sagte sie.

 

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Artikel ab Seite 8.