Strassenmagazin

#571 Asylwesen: Hier steckt Potenzial

Menschen im Asylverfahren haben in der Schweiz keinen regulären Zugang zum Arbeitsmarkt. Wie das Recherchekollektiv WAV für Surprise 562 herausarbeitete, müssen sie zwar in manchen Kantonen an Beschäftigungsprogrammen teilnehmen, werden dafür aber nicht regulär entlohnt und je nach Ort bei Weigerung mit Sanktionen bedacht. Für einige sind die Programme willkommene Ablenkung, für andere aber auch ein weiteres Zwangsregime nach Flucht und Existenzangst. In der Aufnahmegesellschaft hingegen wird nicht selten mit Dankbarkeit argumentiert: Ob die Ankommenden wüssten, was es uns kostet, ihnen Schutz zu gewähren?

Freiwilligkeit ist hier der Schlüssel. Das Recht auf Asyl ist ein Menschenrecht. (Froh kann sein, wer es nie in Anspruch nehmen muss.) Viele der Ankommenden, auch die vorläufig Aufgenommenen, wollen gern arbeiten. Das haben

die Befragungen von Hanna Fröhlich von CORRECTIV Schweiz ergeben, ab Seite 8. Der Journalistin erzählten 79 Personen, welche beruflichen Vorkenntnisse sie haben und was sie bereit wären zu tun. Gleichzeitig herrscht vielerorts Personalmangel. Dass beide Seiten hier profitieren könnten, ist selbst den Behörden bereits bewusst. Steht nun ein Kulturwandel an?

An einer grossen Recherche wie dieser dranzubleiben, ist nur mit entsprechenden Ressourcen möglich – Recherchekollektive wie WAV oder CORRECTIV füllen Lücken, welche der Wandel in der Medienwelt hinterlassen hat. Andere sind Einzelkämpfer wie der Fotograf Murat Türemiş: Weil es ihn persönlich bewegt, hat er im letzten Jahr mehrfach die durch das Erdbeben vom Februar 2023 schwer getroffene türkische Provinz Hatay und dortige Überlebende besucht, ab Seite 16. Seine Bilder zeugen von anhaltender Zerstörung und der Suche nach einem Umgang damit.