Die Schönburg ist zwar noch angeschrieben, eine Burg ist es jedoch nicht mehr, sondern ein «Prizeotel», ein DesignHotel, wie auf der Webseite zu erfahren ist. Dazu passt die Eisen plastik, die vor dem Haus steht. Eine Plakette, auf der der Name des Werks und der Künstler*in vermerkt wären, fehlt. Der Laie tippt auf Bernhard Luginbühl. In einem der Fenster steht eine weisse Schaufensterpuppe, die eine schwarze Weste, eine Beinschiene und eine rote Kappe trägt, so zumindest sieht es von Weitem aus. Auf dem Platz vor dem Hotel stehen Pflanzentöpfe mit eher kümmerlichen Bäumen darin, darum herum Bänke aus Metall, die von der Sonne aufgeheizt sind, aber nicht wirklich zum Verweilen laden – wie der ganze Platz so gestaltet zu sein scheint, dass es möglich ist, sich niederzulassen, aber nicht erwünscht. Das ist wohl kein Zufall, sondern Teil des Designs, ebenso wie die Treppe, die hinunter in die Grossverteilerfiliale führt. Die Stufen sind schräg und ungleichmässig, was einen aus dem gewohnten Tritt bringt. An der betongedeckten Bus haltestelle stehen zwei Verpflegungsautomaten, der ehemalige Kiosk wurde zum Takeaway mit thailändischem Essen umfunktioniert. Es scheint keine gute Passantenlage zu sein, Kundschaft nähert sich keine, die Leute verpflegen sich lieber mit Produkten aus dem Grossverteiler. Auch der versteckte Eingang zur Pizzeria wird kaum genutzt, der einzige Aussentisch steht in der prallen Sonne.
Ganz diskret weist ein kleines Schild den Weg zur Hochschule der Künste. Fast, als würde man sich derer ein wenig schämen, obwohl dort unter anderem zukünftige Eisenplastiker*innen und Hotelvorplatzdesigner*innen ausgebildet werden. Es kommen denn auch nur zwei junge Frauen vorbei, die Frisuren tragen, wie sie an Kunsthochschulen beliebt sind, was aber nicht heissen muss, dass es sich um Studentinnen derselben handelt. Kulturell scheint in Schönburg trotz dieser Einrichtung nicht allzu viel los zu sein. An dem Anschlagbrett «Aktuells us Schönburg» finden sich nur Veranstaltungsweise aus Biel und vom Thunersee.
Näher gelegene Veranstaltungen sind auf den Wänden der mit Brettern vernagelten Unterführung plakatiert. Die hinter einer Glasscheibe noch sichtbare Treppe in den Untergrund lässt rätseln, ob dieser Weg einst direkt auf die Schönburg führte. Burgen, die etwas auf sich halten, verfügen über unterirdische Gänge ins Freie. Wahrscheinlicher ist es ein Überbleibsel aus jener düsteren Zeit der Verkehrsplanung, als das Auto König war und Fussgänger*innen als Störfaktoren angesehen wurden, die unter den Boden verbannt gehörten, um den Verkehrsfluss nicht zu behindern. Es wird sich zeigen, wie weitsichtig diese Planung war, angesichts steigen der Energiepreise, die den Autoverkehr in Zukunft weniger attraktiv machen. Da späte Mittagszeit ist, herrscht kein allzu grosses Verkehrsaufkommen. Der Bus, der hält, wird benutzt, doch finden alle einen Sitzplatz. In den Autos sitzt meist nur eine Person, Velos sind trotz des schönen Wetters nur vereinzelt unterwegs, die Leute sind bei der Arbeit oder noch in der Badi.