Jacht und Macht
Jachten sind das perfekte Accessoire für Milliardäre. Wer eine besitzt, braucht keinen Stacheldraht, um sich abzuschotten. Forschende kritisieren, dass wir zu wenig über diese Kapitäne wissen.
Illustration: Luca Schenardi
In einer Art «WG der Superreichen» segeln Multimillionär*innen auf einem schwimmenden Palast um die Welt. Was klingt wie Parodie, könnte bald Realität werden. Der Schweizer Milliardär Frank Binder lässt gerade die grösste Jacht der Welt bauen. Das Boot soll 324 Meter lang werden und damit fast doppelt so lang wie die derzeit grössten Jachten der Welt. Auf der Megajacht entstehen 130 Luxusapartments, die an Reiche verkauft werden. Das kleinste ist 110 Quadratmeter gross und kostet 9 Millionen Franken, das grösste misst 953 Quadratmeter und ist für 60 Millionen Franken zu haben. Der Unterhalt verschlingt pro Apartment zusätzlich eine bis mehrere Millionen Franken im Jahr.
Jachten sind in vielerlei Hinsicht eine passende Metapher für das Leben der Superreichen: Erstens machen sie die Unnötigkeit von mehr und noch mehr Geld sichtbar. Dass Jachten unter Superreichen boomen, hat damit zu tun, dass sie in einer Zeit des Überflusses zum letzten verbliebenen Unterscheidungsmerkmal zwischen Reichen und Superreichen werden, wie der amerikanische Journalist Evan Osnos in seinem Buch «The Haves and the Have-Yachts» schreibt. So gebe es einen phallusähnlichen Wettbewerb: Wer hat die Längste?
Zweitens passt das Bild so hervorragend, weil sich die Superreichen auf ihren Jachten gerne vom Rest der Welt abschotten. Sie leben in «Gated Communities» – mit dem Vorteil, dass es dank des Ozeans weder Gitter noch Stacheldraht braucht. Auf Binders Jacht wird es auch Nachtklub, Restaurants, Wellness, Business-Zentrum, Helikopter-Landeplatz, Schule, Bibliothek, Padel-Tennis-Halle und natürlich Jet Ski für alle geben. Hauptsache, niemand muss das Schiff verlassen.
Peter Thiel, einer der reichsten und mächtigsten Menschen der Welt, investierte jahrelang in ein Projekt namens «Seasteeding Institute», dessen Ziel es war, Plattformen zu entwickeln, die als autonome Mikrostaaten auf internationalem Gewässer schweben. Er wolle «von Politik in jeglicher Form fliehen», begründete er einmal gegenüber der zeitschrift The Atlantic. Auf gut Deutsch ist es das Ziel dieser Paläolibertären, vom lästigen Rest der Gesellschaft unbehelligt tun und lassen zu können, was sie wollen.
Noch etwas: Die Superjachten stehen auch dafür, dass sich die Reichsten weder um Klimaschutz noch um die Ärmsten scheren. Jede Superjacht bläst im Schnitt 7000 Tonnen CO2 pro Jahr in die Atmosphäre – so viel wie 1400 Durchschnittsmenschen im selben Zeitraum verbrauchen. Und mit dem Geld, um die rund 6000 Superjachten weltweit ein Jahr lang instand zu halten, könnte man die Schulden aller Entwicklungsländer tilgen. Eine einzige Tankfüllung kostet eine halbe Million Franken. Superjachten sind das Sinnbild der sozialen und ökologischen Katastrophe, die sich auf der Welt abspielt. Und doch ist die Metapher oberflächlich, allzu populistisch vielleicht. Denn natürlich gibt es Nuancen: Nicht jeder Superreiche strebt nach dem längsten Boot. Womöglich gibt es sogar wasserscheue Milliardäre. Und einige wenige, wie die österreichisch-deutsche Millionen-Erbin Marlene Engelhorn oder der deutsche Unternehmer Sebastian Klein, gehen andere Wege: Sie haben einen Grossteil ihres Vermögens abgegeben.
Die Machtverschiebung führt zu Autokratie
Der emeritierte Soziologieprofessor Ueli Mäder veröffentlichte im Jahr 2010 das Buch «Wie Reiche denken und lenken», für das ihm zahlreiche gut betuchte Schweizer*innen Auskunft gaben. Fünf Jahre später verfasste er den Band «macht.ch». Es habe in den letzten Jahrzehnten eine Verschiebung der Macht von der Politik weg hin zur Wirtschaft gegeben, sagt Mäder. «Und Geld bedeutet in der Tendenz Macht.» Durch die einseitig wirtschaftlich geprägte Globalisierung der letzten dreissig bis vierzig Jahre sei das politische Korrektiv bei den Reichen schwächer geworden. Die Verwandlung des politischen Liberalismus der 1950er- und 1960er-Jahre in den heutigen wirtschaftlichen Neoliberalismus habe dazu geführt, dass «das Kapital freie Hand hatte».
Während wir von Politiker*innen stets volle Transparenz einfordern, ist bei Manager*innen schnell einmal alles Privatsache. Die Medien sollen als «Wächter der Macht» die Arbeit von Politik und Verwaltung kritisch begleiten. Dank dem Öffentlichkeitsgesetz können sie etwa Einsicht in amtsinterne Unterlagen oder Sitzungsprotokolle fordern – falls es im öffentlichen Interesse liegt. In der Privatwirtschaft gibt es eine solche Möglichkeit nicht. Was aber, wenn sich Macht immer mehr weg von der Politik und in Richtung der Wirtschaft schiebt? Wer wacht dann über die Macht?
Der Soziologe Ralf Dahrendorf von der London School of Economics, ein Liberaler alter Schule, warnte kurz vor seinem Tod im Jahr 2009 davor, dass im Fall einer weiteren Konzentrierung der wirtschaftlichen Macht auf Kosten der politischen ein «autokratisches Jahrhundert» bevorstehe. Sechzehn Jahre später werden die mächtigsten Staaten der Welt – USA, China, Russland – von Autokraten regiert. Und in der EU wie auch anderswo sind antidemokratische, oft libertäre Parteien auf dem Vormarsch.
Anruf bei Isabel Martínez. Die Ökonomin an der Universität Zürich forscht zu Ungleichheit und den Reichsten des Planeten. Aufsehen erregte im Frühjahr eine von ihr mitverfasste Studie, die aufzeigt, dass die meisten Superreichen hierzulande ihren Reichtum geerbt haben. Etwa 60 Prozent der Vermögen von über 150 Millionen sind demnach vererbt. Für ihre Untersuchungen nutzt Martínez die Reichsten-Listen des Magazins Bilanz. «Es sind Schätzungen. Aber es sind die einzigen Daten, die wir zu Superreichen haben», sagt sie. So gut die Journalist*innen von «Bilanz» auch recherchiert haben mögen: Die Frage drängt sich auf, warum in einem Land mit Vermögenssteuer, in dem ein jeder minutiös jeden Franken angeben muss, nicht detailliertere Daten zu den Superreichen verfügbar sind. Gemäss Martínez liegt das unter anderem daran, dass die Datenhoheit bei den Kantonen liegt. Und dass die meisten von ihnen sehr restriktiv mit den Daten umgehen.
Martínez ist auf Goodwill angewiesen, damit sie Daten für ihre Forschung bekommt. Viele Kantone – vor allem solche mit einer hohen Dichte an Superreichen – würden gar keine Steuerdaten herausgeben, sagt sie. Grund: die Privatsphäre. Vom Kanton Waadt habe sie zudem einmal die Rückmeldung erhalten, dass diese Art von Forschung die Steuermoral kaputt mache. Martínez hatte für eine Erhebung zum Thema Steuerbetrug um Daten angefragt. «Es hiess: Wenn man über das Thema redet, bekommt der Durchschnittsbürger das Gefühl, es sei normal, Steuern zu hinterziehen.» So gewinnt Martínez ihre Erkenntnisse dank den wenigen Kantonen, die sich offen zeigen – allen voran Bern.
Der Bund könne zwar dank der Verknüpfung mit den AHV-Daten einiges über die Einkommen sagen, aber wenig über die Vermögen, so Martínez. Da sei er darauf angewiesen, was die Kantone ihm mitteilen. Und das ist, was die Superreichen angeht, wenig: Die Vermögenssteuerstatistik weist als Kategorie der Reichsten Steuerpflichtige mit Vermögen über 10 Millionen aus. «Da sind salopp gesagt Hinz und Kunz dabei», sagt Martínez. Zum Vergleich: Die «Ärmsten» des Bilanz-Ratings besitzen 150 Millionen. Um diese Reichen der Kategorie Superjacht – und nicht um die «normalen» Millionäre – geht es derzeit auch politisch (siehe Kasten zur Erbschaftssteuer).
Die Hälfte der Bevölkerung hat kaum Reserven
Auch Ueli Mäder sagt: «Wir haben relativ wenige Daten zu den Reichsten und dort, wo sie vorhanden sind, gibt es statistische Verzerrungen.» Das fehlende Wissen führe zu falschen Annahmen. Noch immer hätten viele das Gefühl, dass es in der Schweiz eine breite obere Mittelschicht gebe, sagt Mäder. «Doch das stimmt so nicht.» Er verweist auf die Vermögensstatistik des Bundes, wonach rund ein Viertel aller Haushalte kein steuerpflichtiges Vermögen hat und ein weiteres Viertel nicht mehr als 50 000 Franken besitzt. «Die Hälfte der Bevölkerung hat also keine oder nur geringe Reserven.» Erstaunt hat Mäder kürzlich die Einsicht, dass die ungleiche Verteilung von Vermögen und Einkommen in der Schweiz nicht vornehmlich auf einzelne sehr reiche Gemeinden zurückzuführen sei. Sondern dass die Ungleichheit auch klar in Durchschnitts-Gemeinden nachzuweisen ist.
Für ein privates Projekt wertete Mäder Steuerdaten aus seiner Baselbieter Herkunftsgemeinde Sissach aus und stellte fest, dass im Jahr 2020 von 4200 Steuerpflichtigen 2330 weniger verdienten als 60 000 Franken. Ein Jahr später verfügten dann 2870 von total 4257 privaten Haushalten über kein steuerbares Nettovermögen. Demgegenüber besassen 21 Haushalte über fünf Millionen Franken. «Offenbar ist die Klassengesellschaft keineswegs passé», sagt Mäder. Neu sei, dass sich verglichen mit 2013 vermehrt vermögende Menschen in der Gemeinde ansiedeln. Diese seien in der Lage, die teurer werdenden Wohnungen zu bezahlen. Was das gesamte Preisniveau anhebe. «Das gefährdet den sozialen Zusammenhalt», so Mäder.
Wie Martínez kam Mäder nur durch Goodwill zu den Daten, die erst provisorisch bis 2021 ausgewertet sind. Dabei könnten solche helfen, das Ausmass und die Ursachen der Ungleichheit besser zu verstehen. Gemäss Forscherin Martínez wünschenswert wären auch eine Aufschlüsselung der Einkommen nach Erwerb und Kapitaleinkommen sowie verlässliche Daten zu den Pensionskassenvermögen. «Damit könnte man gängige Mythen überprüfen wie etwa, dass wir die Vermögensungleichheit überschätzen, weil der Mittelstand viel Geld in der Pensionskasse hat.» Da Pensionskassen auch interessante Steuervehikel sind, geht Martínez eher davon aus, dass sich die Ungleichheit noch verstärkt, wenn Pensionskassenvermögen in die Analyse miteinbezogen werden.
Präzise Daten zu Superreichen sind also Mangelware. Viel diskutiert, aber wenig bekannt ist auch, ob Reiche das Land verlassen, wenn die Steuern erhöht werden. «Wenn Superreiche von einem Kanton in den anderen ziehen, dann können wir das nachvollziehen», sagt Martínez. Dass der Fluchteffekt im kantonalen Steuerwettbewerb wohl eher überschätzt wird, musste kürzlich selbst der liberale Thinktank Avenir Suisse eingestehen. Heimat ist auch bei Reichen nicht nur eine finanzielle Frage. Schwieriger wird es für die Forschenden aber, wenn die Superreichen ausser Landes ziehen. «Dann muss ich googeln», so Martínez. Sie geht davon aus, dass vor allem Ausländer*innen ohne engen Bezug zur Schweiz bei Steuererhöhungen stark reagieren. Viele von ihnen werden schon heute bevorzugt behandelt, da sie pauschal, also nach Lebenshaltungskosten statt nach effektivem Einkommen und Vermögen, besteuert werden.
Während sich exorbitante Vermögen und wachsende Ungleichheit dank Forschenden und Journalist*innen zumindest realistisch schätzen lassen, bleibt eine andere, mindestens ebenso wichtige Frage offen: Was machen die Reichen eigentlich mit ihrem Geld? Wo Fakten nicht bekannt sind, dort haben Mythen freies Spiel.
Den «Tickle-down»-Effekt gibt es nicht
In den 1980er-Jahren schufen Libertäre die «Trickle down»-Theorie, wonach Reiche ihr Geld zu einem Grossteil investieren und verkonsumieren, was die Wirtschaft ankurbelt und Arbeitsplätze schafft: als Folge davon geht es allen besser, der Wohlstand steigt. Ronald Reagan in den USA und Margaret Thatcher in Grossbritannien machten Steuersenkungen auf der Basis dieser Ideen zum Pfeiler ihrer Wirtschaftspolitik.
Forschende brauchten Jahrzehnte, um den Mythos zu enttarnen. Dafür untersuchten sie den Effekt von Steuersenkungen auf die Wirtschaftsleistung. Zahlreiche Untersuchungen, darunter eine von der renommierten London School of Economics, die den Effekt in achtzehn OECD-Ländern über fünfzig Jahre hinweg überprüfte, kamen zum Schluss, dass der Effekt «nicht von null zu unterscheiden» ist; Arbeitsplätze wurden durch die Steuersenkungen für Reiche keine geschaffen. Der einzige messbare Effekt: ein Anstieg der Ungleichheit. Der Ökonom Paul Krugman stellte schon 2008 fest: «Wir warten auf diesen Trickle-down-Effekt nun schon seit dreissig Jahren – vergeblich.» Deutlicher wird die deutsche Ungleichheitsforscherin Martyna Linartas in ihrem Buch «Unverdiente Ungleichheit»: «Um die Forschungsergebnisse in aller Klarheit zusammenzufassen: Der Trickle-Down-Effekt ist Bullshit.» Zudem sei wachsende Ungleichheit nachweislich schlecht für die Wirtschaft selbst.
Aber auch Demokratien, Umwelt und Gesellschaft leiden. «Ungleichheit ist der Hauptfaktor für Kriege», sagt Soziologe Mäder, der dazu 2012 ein Buch mit dem Titel «Soziale Ungleichheit und Konflikte» herausgegeben hat. Dass Ungleichheit gesundheitliche und soziale Probleme verursacht, ist schliesslich seit der empirischen Analyse der Gesundheitswissenschaftlerinnen Kate Pickett und Richard Wilkinson bekannt.
Warum funktioniert «trickle down» nicht? Hauptsächlich, weil die durch Steuersenkungen erzielten zusätzlichen Gewinne nicht reinvestiert, sondern eingestrichen wurden. Zur Erklärung: Selbst wenn Reiche ihr Geld in Wertpapieren anlegen und vermehren, steigert dies das Bruttoinlandprodukt um keinen Rappen – schliesslich wechseln Aktien beim Handel nur Hände, ohne dass Wert geschaffen wird. Würde dieses Geld in neue Firmen investiert oder zu einem Grossteil verkonsumiert, würden damit Umsätze geschaffen und es könnten Löhne, Sozialabgaben oder Renten bezahlt werden. Dasselbe gilt natürlich, wenn das Geld via Steuern beim Staat landet: In diesem Fall kann es über den demokratischen Prozess für die Allgemeinheit eingesetzt werden.
Trotzdem hält sich das Bild der grosszügigen und wohltätigen Reichen hartnäckig. Auch wegen Grossspenden, die immer mal wieder öffentlichkeitswirksam verkündet werden und das Image mancher Superreicher aufbessern.
Als Amazon-Boss Jeff Bezos kürzlich für seine monströse Hochzeitsfeier die Stadt Venedig praktisch als Ballsaal mietete und dafür 50 Millionen Franken lockermachte, bedankte sich der Bürgermeister der Lagunenstadt artig. Schliesslich profitierte die lokale Wirtschaft. Bezos spendete zudem – Venedig droht als Folge des Klimawandels im Meer zu versinken – eine Million Dollar für die Lagunenforschung.
Für Bezos ist das ein vergleichsweise günstiger Ablasshandel: Die Million entspricht bei seinem Vermögen von über 200 Milliarden Dollar – verglichen mit Arbeiter*innen, die vielleicht 50 000 Franken ansparen können – einer Spende von gerade einmal 25 Rappen. Eine aus seiner Sicht lohnende Investition, um zu kaschieren, dass sein Reichtum auf der Ausbeutung seiner Angestellten beruht. Die Hälfte der Lagermitarbeitenden von Amazon in den USA hat gemäss einer aktuellen Untersuchung Mühe, die Miete zu bezahlen. Viele leiden gesundheitlich unter den miserablen Arbeitsbedingungen.
Es sei ein Einfaches anzuerkennen, schreibt Ungleichheitsforscherin Martyna Linartas, «dass der Überreichtum nur durch Ausbeutung von Mensch und Natur möglich ist; dass Prekarität und Klimakrise einerseits und Überreichtum andererseits zwei Seiten derselben Medaille sind».
Die 300 Reichsten in der Schweiz haben gemäss der Zeitschrift Bilanz ein Vermögen von 833,5 Milliarden Franken angehäuft. Das ist rund zehnmal so viel, wie der Bund pro Jahr ausgibt. Viele halten hierzulande selbst solch exorbitante Vermögen für Privatsache. Auch wenn sie nie an Bord einer Superjacht stehen werden.
Erbschaftssteuer für Superreiche
Am 30. November stimmt die Schweiz über die Zukunftsinitiative der Juso ab. Diese verlangt eine Steuer von 50 Prozent auf Erbschaften und Schenkungen von mehr als 50 Millionen Franken an die Nachkommen. Die Steuer würde zur Bekämpfung der Klimaerwärmung eingesetzt und fällig auf den Betrag, der 50 Millionen Franken übersteigt.
Der Abstimmungskampf ist längst lanciert. Hauptsächlich wird darüber gestritten, ob die Initiative wirtschaftlich Sinn macht: Wie viele Superreiche würden wegen der hohen Steuer das Land verlassen? Wie stehen diese Ausfälle den potenziellen Einnahmen gegenüber? Und könnte man sie mit einer sofort eingeführten Wegzugsteuer von der Flucht abhalten?
Eine Untersuchung von Marius Brülhart von der Universität Lausanne gelangt zum Schluss, dass zwischen 50 und 75 Prozent der Betroffenen wegziehen würden. Der Volkswirtschaftsprofessor plädiert darum für eine moderatere Steuer von vielleicht 10 oder 20 Prozent. Trotzdem wären die finanziellen Folgen der Initiative verkraftbar. Brülhart rechnet mit einem Betrag von minus 700 Millionen bis plus 300 Millionen Franken – es liefe also praktisch auf ein Nullsummenspiel hinaus.
Die deutsche Ungleichheitsforscherin Martyna Linartas macht in ihrem Buch «Unverdiente Ungleichheit» einen Vorschlag für eine gerechte Erbschaftssteuer: Für am realistischsten und praktikabelsten hält sie es, die Erbschaften als Einkommen zu versteuern. So würde man Erbschaften als das behandeln, was sie wirklich sind: «ein unverdientes, neues Einkommen». Und weiter: «Je einfacher eine Steuer gestrickt ist, desto weniger Schlupflöcher entstehen.» Auch eine Deckelung des Erbes oder eine Nachlasssteuer hält sie für diskussionswürdig.
