Winter im Traum
NICOLAS GABRIEL
NICOLAS GABRIEL, Surprise-Verkäufer, für seine liebe Mutter (Mireille), die lautlos, fernab im fernen Frankreich, von dannen zieht.
Meine Mutter und ich haben eine besondere Beziehung. Als ich im Alter von fünf Jahren war, sprang gedanklich in etwa folgende Frage von ihr zu mir herüber: Wirst du mir helfen, wenn ich durchs lange, dunkle Tal meines Lebens muss? Klar doch, sandte ich ebenso lautlos das Echo.
Tatsächlich habe ich sie ein Vierteljahrhundert später nach ihren zehn Psychi-Jahren weitere achtzehn Pflegeheim-Jahre begleitet. Ich lernte dabei all die steinalten Leute kennen, die mir den Weg ins glückliche Jetzt wiesen.
Nun hatte ich kürzlich den folgenden Traum. Als ich aufwachte, nahm ich gleich Schreibmaterial, um ihn festzuhalten. Ich weiss ja: Träume haben die Kraft, wahrer als die Wirklichkeit zu sein.
Wir lebten wieder zusammen. Meine Mutter hatte eines der grösseren Zimmer in einer ärmlichen, aber nicht armen Wohnung. Mit Doppelbett, just neben dem Bad.
In ihrem Zimmer weisse Pflanzen, Ruten mit Zweiglein, Beeren, vielleicht Blättern. Alle und alles daran weiss. Das ist ja je länger je mehr zu einer ihrer Lieblingsfarben gerade bei Kleidern geworden (ansonsten Gelb, Orange, Grün, alles Pastell).
Und künstliche Schneeflocken rieselten fein durch den Raum. Dazu ein weisses Schäflein, künstlich kunstvoll auch dieses.
Ich erschrak und war verzaubert zugleich.
Ich sagte: Maman, es ist ja fast alles weiss bei dir.
Sie meinte: Ja, dies ist mein Lebenswinter. Ich bereite mich vor.